Name: Wilfried Hanrath
Diskographie (Auswahl): Spotlight (2020), Longings (2021), Orbital (2022)
Webseite: https://wilfriedhanrath.bandcamp.com/
Ein Stück auszusuchen, das mir quasi wie eine Visitenkarte dient, ist mir ehrlich gesagt sehr schwer gefallen.
Mein Elternhaus, gerade meine Mutter, hat mir ein Interesse an Kultur und eine Offenheit und Neugierde auf Neues, Unbekanntes mit auf den Weg gegeben. Für mich war es kein Widerspruch, im einen Augenblick Klassik zu hören und im nächsten Free Jazz. Als dann Bands und Musiker Genres vermischten und zu etwas Neuen machten, war ich hellauf begeistert. Ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, wie selig ich mich beim Erscheinen von Deep Purple in Concert gefühlt habe, da war ich 12. Und als dann ein Klassenkamerad mir die Selim Sivad von Miles Davis vorspielte, und auch die Tago Mago von Can, da haben sich neue Welten für mich erschlossen. Das war der Augenblick, in dem ich beschloß, selber Musiker zu werden.
Das hat dann nicht ganz so geklappt wie erhofft, aber immerhin hatte ich recht bald eine Band zusammengestellt, wir spielten mit unseren bescheidenen Möglichkeiten Beatles, Stones, Hendrix, Deep Purple, etc., und da wir einen Saxophonisten hatten, geriet das ganze dann auch unweigerlich leicht jazzig.
Aber recht bald trennten sich unsere Wege, und ich stand da mit einem Schlagzeug, Bass und Gitarre jeweils mit Verstärker – und einem Philips 4-Spur Tonbandgerät. In diesen Jahren habe ich sozusagen die Grundlagen erlernt für mein späteres Schaffen. Und wenn ich es genau überlege, nehme ich meine Musik genauso auf wie seinerzeit, nur daß es jetzt ein digitales Mehrspurgerät ist. Dann kam es, wie es zumeist ist. Ich bin zum Studieren weggezogen, und hatte in meiner Studentenbude keinen Platz für Musikinstrumente. Meine Eltern brauchten irgendwann mehr Platz, ich konnte mein Equipment nicht zu mir nehmen, und so kam alles weg.
Sehr viel später habe ich mir ein kleines Keyboard gekauft, das erstaunlicherweise einen Sequencer hatte….Aber so richtig wieder angefangen mit dem Musikmachen habe ich mit 50. Da habe ich allen Mut zusammengenommen und auf eine Anzeige im lokalen Kulturblättchen geantwortet, in der ein Schlagzeuger und ein Bassist Mitstreiter suchten. Zusammen mit mir hatte sich ein Saxophonist gemeldet, und so hatten wir unser Jazzrock-Quartett
komplett. Frei improvisieren über kurzen Grundideen, die zumeist der Bassist einbrachte, war unser Motto.
Über viele Wege bekam ich Kontakt zu einem frei improvisierenden Ensemble, und das war auch wieder ein Wendepunkt. Hier ergaben sich viele neue Kontakte und viele Möglichkeiten. Die ganze Zeit über spielte ich für mich daheim aber auch elektronische Musik, mittlerweile mit einem Synthesizer und einem größeren Aufnahmegerät. Das Stück, für das ich mich dann doch entschieden habe, heißt „Starting (all over again)“. Ich war eingeladen worden, an der Uni in einer Vorlesung die Möglichkeiten des Korg Kaossilators zu demonstrieren.
Das durchlaufende Sprachsample ist aus meiner Ansprache, die ich aufgenommen hatte. Und da es der 6.November war, der Tag, an dem sich der Todestag meiner Schwester jährte, die sehr früh verstorben ist, war es von der Grundstimmung her eher melancholisch. Beim Spielen und Herum-Experimentieren hat sich dann aber etwas gelöst und die Stimmung hat sich in etwas Beschwingt-Positives gewandelt. Diese Erfahrung habe ich öfters gemacht, beim Spielen transzendiert man Emotionen. Von daher würde ich Starting (all over again) auch als Ode an das Leben sehen.
Quelle: Künstlerinfo/-Webseite